Über Roatán weht die blau-weiße Flagge von Honduras, aber es geht auf der Insel doch anders zu als auf dem Festland. Das merkt man schon daran, dass viel häufiger englisch gesprochen wird, obwohl die Amtssprache spanisch ist.
Nachdem Hurricane Mitch Ende der 1990er Jahre über die Insel gefegt hatte, wurde Roatán für den Tourismus ausgebaut. Die Landebahn des Inselflughafens wurde verlängert, sodass fortan auch größere Maschinen landen konnten. Auch die Pier ist mittlerweile groß genug für Kreuzfahrtschiffe und Roatán ist heute regelmäßiger Anleger auf Mittelamerikarouten.
Im Westen der Insel befinden sich mit der West Bay und dem West End Village die touristisch erschlossensten Gebiete mit ihren Buchten und Stränden. Der Osten ist hingegen der Ort, an dem es authentischer zugeht.

Bei meinem letzten Aufenthalt auf Roatán bin ich in den Inselosten nach Oak Ridge gefahren und kann einen Ausflug dorthin jedem empfehlen, der etwas von der ursprünglichen Inselkultur kennenlernen mag.
In Oak Ridge gehen die Bewohner traditionell dem Fischfang nach. Wer gerade nicht beim Fischen ist, der bietet Besuchern wie uns eine Rundfahrt mit dem Boot an. Ein Boot braucht man hier auch, denn die Häuser sind auf Stelzen am Wasser gebaut. Und so ziehen sich anstelle von Straßen Kanäle und Wasserwege durch das Städtchen.
Wir hatten mit Hector einen fröhlichen Bootsführer, dessen Motorboot zu laut war, als dass man sich hätte unterhalten können. Dafür hatte der Mann uns gleich zu Beginn mit dem lokalen Bier versorgt. Das war Erfrischung und Seenotrettungsübung zugleich, denn das Etikett zeigt einen Rettungsring und den Namen „Salva vida“. Wer auf spanisch „Una salva vida, por favor!“ bestellt, bestellt wortwörtlich „Einmal Leben retten, bitte!“
Auf den Wasserwegen von Oak Ridge geht es entlang von Häusern, vor denen bunte Wäsche zum Trocknen hängt. An uns braust ein Wassertaxi der Einheimischen entlang. Mir imponiert, dass hier nicht nur Männer am Ruder sitzen, sondern auch Frauen. Die schmeißen mit voller Muskelkraft den Außenborder an und fahren dann ganz lässig durch die Kanäle.
Unsere Tour führte uns zunächst an den Anleger eines Hauses, an dessen Wand ich das Menü des „Kingfish Restaurant“ lesen konnte. Außerdem las ich dort, dass rauchen verboten sei. Erst als Hector einen Schlauch aus dem vermeintlichen Restaurant gereicht bekam, merkte ich, dass wir an der örtlichen Tankstelle festgemacht hatten.
Danach ging es durch Mangroven in Richtung der „Hole in the wall“. Das „Loch in der Wand“ ist Kneipe und Restaurant zugleich und auf Pfählen erbaut. Dort bediente uns „Captain Ed“, ein gebürtiger US-Amerikaner mit Schnauzer, Tätowierung und sympathisch verrauchter Stimme. Der erzählte uns, dass eigentlich jeder nach Roatán kommen kann und auch dort bleiben kann. Man zahle einmalig 1500 US-Dollar und würde dann in Ruhe gelassen.
„Dann kannst Du Dir ein Haus bauen, das stört hier keinen. Das kannst Du auch wieder abfackeln, das stört hier auch keinen.“
Hört man die unterhaltsamen Geschichten von Captain Ed und blickt auf das Wasser, die grünen Hügel und bunten Häuschen, streift einen wirklich der Gedanke, hier länger als nur einen Tag bleiben zu wollen.
Wem das Heimweh überkommt, der greift einfach zum Lebensretter „Salva vida“. Denn das hat der aus Deutschland stammende Federico (Friedrich) Werling vor rund 100 Jahren in Honduras kreiert.
Praktisches für Ihren Ausflug auf Roatán:
Oak Ridge liegt rund 30 Kilometer vom Liegeplatz in Coxen Hole entfernt. Wir hatten einen Mietwagen bei Ramirez rent a car bestellt und wurden vom Bruder des Besitzers am Hafen abgeholt, um den Wagen in der Nähe des Flughafens zu übernehmen. Alternativ können Sie vor dem Terminal auch einen Preis mit den zahlreichen Taxifahrern aushandeln.
Nach Oak Ridge brauchten wir etwa 45 Minuten. Zu schnell kamen wir nicht voran, denn auf Roatán fährt man mal auf der rechten, mal auf der linken Seite, nämlich immer da, wo gerade kein Schlagloch ist.
In Oak Ridge findet man Bootsführer wie Hector, die ihre etwa einstündigen Touren anbieten. Wir zahlten jeder 10 US-Dollar und gaben noch ein Trinkgeld, denn Hector hatte uns ja auch mit dem Salva vida versorgt.
Auf dem Rückweg kann man noch in Punta Gorda vorbei schauen, einem weiteren Fischerort, zu dem ich in einem anderen Beitrag berichte.
Jetzt erst einmal viel Spaß auf Roatán und grüßen Sie Hector und Captain Ed!
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