Mexiko hält einen eigentümlichen Rekord: Das Land besitzt die längste Pier der Welt. Sieben Kilometer ragt das Betonkonstrukt ins Meer. Hier fanden bereits Konzerte und sportliche Wettkämpfe statt. Die Pier liegt im nördlichen Yucatán und gehört zur Stadt Progreso. Aber auch in Costa Maya führt der Weg nach Mexiko über eine mehrere hundert Meter lange Pier.
Wobei man sich am Ende der Pier durchaus fragen kann, ob Costa Maya überhaupt zu Mexiko gehört. Natürlich weht über dem Kreuzfahrtterminal die mexikanische Flagge. Aber was hat Costa Maya mit mexikanischer Kultur und Lebensart zu tun? Oder mit den versunkenen Hochkulturen Mittelamerikas?
Schon vom Schiff aus erkennen Sie in der Ferne eine Pyramide. Die stammt allerdings nicht aus der klassischen Blüte der Maya, sondern aus der modernen Blüte der Region. Sobald man genauer hinsieht, entpuppt sich das Bauwerk nämlich als Rutschattraktion eines Freizeitparks.
Und auch der Anleger Costa Maya ist ein Freizeitpark für sich. Eine Art Disneyland, in dem man auf wenigen hundert Quadratmetern ein begehbares Mexikoklischee geschaffen hat: Die Fast Food-Restaurants bieten Tacos und Tequila an, die Souvenirhändler verkaufen Sombreros und vermutlich würde sich Frida Kahlo im Grab umdrehen, wüsste sie, dass auch ihr Konterfei für die kommerzialisierte Mexikophantasie herhalten muss.
Die Angestellten dieses Kleinmexikos leben in den eigens für sie gebauten Apartmenthäusern. “Was macht ihr, wenn wir Kreuzfahrer abends wieder weg sind?” wollte ich wissen. “Wir haben ein Fitnessstudio. Und wenn wir ins Kino wollen, fahren wir in die nächste Stadt.” Die nächste Stadt heißt Chetumal und liegt rund 150 Kilometer entfernt. Da ist man knappe zwei Stunden unterwegs.
Vier Angestellte können Sie beobachten, wie sie sich in federreichen Kostümen von einem hohen Pfahl in die Tiefe stürzen. Sie sind an Seilen festgebunden und bewegen sich kopfüber in mehreren Rotationen zum Boden. Die Männer führen den “Tanz des Fliegers” (“Danza del Volador”) auf, der zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. Schon die Olmeken, die als die Mutter der Hochkulturen Mesoamerikas gelten, sollen einen ähnlichen Tanz veranstaltet haben. Der Tanz war Teil ihres Fruchtbarkeitsrituals, mit dem sie ihre Götter gütig stimmen wollten. Nur bezweckten die Olmeken mit dem Ritual etwas, was wir Urlauber nicht gebrauchen können: Sie wollten, dass die Götter Regen bringen. Denn der Regen sicherte die Maisernte und damit das Überleben.
Nach diesem Kulturprogramm können Sie es sich auf den Liegen rund um den Pool von Costa Maya bequem machen. Das darf man, sofern man Getränke zu stolzen Preisen konsumiert und sofern man die Musik erträgt, die aus den Boxen dröhnt. Da an der langen Pier bis zu vier Schiffe gleichzeitig festmachen, ist es oftmals sehr voll hier. Und so suche ich regelmäßig das Weite.
Mit Taxen und Fahrzeugen wie diesen kommen Sie in wenigen Minuten nach Mahahual, das etwa drei Kilometer südlich von Costa Maya liegt. Unternehmungslustige können am Terminalausgang auch Fahrräder und Golfcarts mieten. Ich entschied mich bei meinem letzten Besuch für ein Fahrrad.
Mahahual ist ein überschaubarer Ort, in dem sich alles auf der Küstenstraße abspielt. Geschäfte liegen auf der einen Seite, Strände mit ihren Bars und Restaurants auf der anderen. Das ganze ist mit Verkaufsständen gesäumt, an denen es von Hängematten über T-Shirts und Schmuck alle erdenklichen Mexikosouvenirs gibt. Und wer schon immer einmal eine Louis Vuitton-Tasche für 20 Dollar kaufen wollte, wird hier auch fündig.
Die Strände von Mahahual können Sie gegen einen Mindestverzehr von etwa 20 bis 25 US-Dollar nutzen. Am Ortseingang gibt es noch Strandzugänge, die kostenfrei zugänglich sind.
Mein Resümee für einen Aufenthalt in Costa Maya: Der Anleger eignet sich dazu, einen entspannten Tag an Bord oder auch in Mahahual einzulegen. Die Höhepunkte einer Mittelamerikakreuzfahrt – etwa Cartagena – folgen noch. Und vielleicht waren Sie am Vortag in Chichén Itzá und genießen es, dass der Wecker heute nicht schon um 5 Uhr klingelt.
Mein Kollege hat Costa Maya mit den schönen Worten zusammengefasst:
Die Hauptattraktion sind die Fahrzeuge, mit denen Du hier unterwegs bist!
Meine Ergänzung dazu ist, dass auch die Straßenschilder in Mahahual einen Blick wert sind. Auf denen erkennt man Pancho Villa und Sprüche wie “Das letzte kalte Bier für die nächsten zehn Kilometer.” Da hätten wir besser noch einmal zugreifen sollen, denn auf der darauf folgenden Strecke hatten wir einen Platten. Das war aber kein Problem und wir wurden für mexikanische Verhältnisse umgehend von zwei Mitarbeitern aus Costa Maya abgeholt. Klein-Disneyland hat also auch was Gutes.